Schüler vor einer Theatervorstellung, durch den Vorhang beobachtet:
Ihre vom klirrend kalten Wintermorgen immer noch verotzten Gesichter leuchten vor Aufregung. Dabei plappern, kichern, tuscheln und zischen sie durcheinander wie ein Spatzenschwarm in einer nachtdunklen Baumkrone.
Wer so schreiben kann, den dürfen wir einen Poet nennen. Seethaler verzaubert. Durch Atmosphäre. So einen hatten wir lange keinen. Es ist diese Sprache, hinter der der Autor verschwindet. Kein Wort zu viel, keins zu wenig. Eine Stimme bar jeder Eitelkeit, jenseits aller Moden. Jedes Wort passt, passt zum anderen (ein anderer hätte vielleicht geschrieben: „ich unterdrücke den Reiz zum Niesen“, aber Seethaler schreibt ich unterdrücke den Niesreiz und gebe das Zeichen. Eine Kleinigkeit, so scheint es, aber so stimmt es, klingt es).
Robert Seethaler ist ein musikalischer Geschichtenerzähler. Wäre es Gesang, wäre es der stimmige Klang, das passende Tempo, der richtige Rhythmus (kein Vibrato, kein Tremolo, nirgendwo!) – reine tiefe Leichtigkeit, die ohne jedes Pathos berührt.
Und die Geschichten? Robert Seethaler hat bisher vier Romane geschrieben, Die weiteren Aussichten, Jetzt wird’s ernst, Der Trafikant und Ein ganzes Leben. Sie werden bleiben.
Im Schreibprozess beginnt alles im nebelhaft Unbewussten, ein kleiner Lichtpunkt taucht verschwommen am Horizont auf. Es kann eine Szene sein, eine Empfindung, eine Figur – und mit dieser einen vagen Szene wächst dann eine Art Struktur, kommen erste Bilder, ein grober Ablauf. Schreiben bedeutet auswählen, streichen, wegschnitzen.“
(Robert Seethaler im Interview mit Psychologie Heute)