Manchmal gehe ich noch schnell um die Ecke um Nüsse zu kaufen. Ich mag den türkischstämmigen Kioskbesitzer. Eine Gruppe junger Leute steht um den Fernseher, in dem gerade Erdogan spricht. Wie stehts, was geht ab, frage ich. Nichts, ist doch gar nichts passiert, sagt einer. Was, gar nichts passiert?? Der Sprecher tritt auf mich zu, schaut mir direkt in die Augen: Das ist eine Kleinigkeit für Erdogan, das macht er mit links! Die Haltung des jungen Mannes drückt Stolz aus. Aber es liegt auch eine Drohung darin. Euch werden wir’s zeigen! Irgendwie ist plötzlich eine aggressive Stimmung im Raum. Der Kioskbesitzer lächelt etwas verschämt. Wenn ich jetzt etwas sage, etwa, dass ich kein Freund Erdogans bin, könnte es ungemütlich werden. Ich verlasse den Laden mit dem Gefühl, dass es nicht mehr so sein wird, wie vorher.
Die Türkei im Juli 2016. Das islamische Regime des R.T. Erdogan erhält „ein Geschenk Allahs“ und zieht voll durch, wovon es schon immer träumte. Es beerdigt die kemalistische Republik, deren Fundament die Trennung von Staat und Religion war. Das ist das Ende der Türkei, wie wir sie kannten.
Es ist wie nach dem Reichstagsbrand 1934. Zehntausende entlassen, verhaftet, eingekerkert. Schnelle und entschlossene Säuberung und Gleichschaltung aller wichtigen gesellschaftlichen Bereiche: Polizei, Militär, Justiz, Medien, Schulen und Universitäten.
Wir erleben die Geburt eines totalitären Staates. Eine demokratisch verbrämte islamische Diktatur mit einem autoritären Führer an der Spitze. Ein Sultanat des 21. Jahrhunderts. Das war vorhersehbar. Alles weitere auch.
Kein Appeasement!
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