Politik aus der Tiefe des Irrationalen – it’s emotion, stupid
Der Sieg Donald Trumps ist keine Überraschung. Der Autor dieser Zeilen darf das sagen, weil er bereits im Juni darüber geschrieben hat. Das macht die Sache nicht besser, aber vielleicht die Argumentation überzeugender:
„Die liberale Öffentlichkeit, verschreckt, fassungslos, rätselt. Was ist da los? Wie kann so etwas verfangen? Ein Haufen durchgeknallter Egomanen, aufgeplusterter Kleingeister, charismatischer Psychopathen? Mehr oder weniger begabt. Lächerliche, obskure Knallchargen? Mit Programmen voller Ressentiments und Widersprüchen, ohne Details. Kein durchdachter, schlüssiger Plan. Zusammengeschusterte Weltsichten weit weg von der realen Wirklichkeit und vom einmal erreichten Konsens der Vernünftigen. Wo sind wir!
Aber die Geschichte lehrt, der Populist als Erlösungserzähler darf das alles sein: unbestimmt, widersprüchlich, wirklichkeitsfern, oberflächlich, ungerecht, absurd, aufgeblasen, kalkuliert skurril und durchgeknallt und hässlich und böse. Er muss genau so sein wie der Mob, wie das Dunkle in uns, um erfolgreich zu sein. Sportpalast. Im Populisten spiegelt sich der Mensch in der Menge, wie er es sich allein niemals traute zu sein – ohne anonymes Aufgehen in der Masse, ohne Zampano, der die Menge aufpeitscht. Der kalkulierte Tabubruch und die gezielte Provokation des liberalen Mainstreams gehört unbedingt dazu.
Dialektik des Irrationalen. Die Torheit, das wusste schon Erasmus von Rotterdam, kann eine Quelle von Vitalität und Kreativität sein. Der intelligente Populist setzt das Irrationale mit Kalkül ein. „Kein anderer als Silvio Berlusconi“, schreibt Thomas Assheuer in der Zeit (Ein autoritäres Angebot. 25.5.2016, S 43), „hat das rechte Betriebsgeheimnis ausgeplaudert, wonach Irrationalität und Unberechenbarkeit eine Gesellschaft besser zusammenschweißt als die demokratische Vernunft…Der Innovator ist umso origineller, je mehr seine Inspiration der Tiefe des Irrationalen entspringt.“
Ohne eine überzeugende Alternative zu einer Globalisierung unter radikal neoliberalen Vorzeichen werden Populisten jeder Coleur weiter auf der Woge der Empörung reiten und Ressentiments in Feindschaft verwandeln können.