Verrücktes Nebeneinander – ein postmodernes Lebensgefühl

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Kirill Serebrennikow leitet in Moskau das Theater Gogol-Zentrum und gehört zu den bekanntesten Theater-Regisseuren Russlands. Doch seine Moskauer Wohnung wurde durchsucht, sein Pass eingezogen und sein neues Stück abgesetzt. Warum das alles?

In einem Interview  (SZ 3.8.2017) fragt Sonja Zekri Serebrennikow:

Moskau und Sankt Petersburg sind globale Metropolen geworden mit Parkanlagen wie in New York, flächendeckendem Wlan, russischem Uber, Barbershops, Radwegen und Klettergärten im Umland. Wie passt diese Begeisterung für Offenheit und Begegnung zur geistigen Enge der Kulturfeinde?

S.: Das ist es ja, was im Westen so schwer zu vermitteln ist: Es existiert alles nebeneinander! Das Gogol-Zentrum wurde von Anfang an mit staatlichen Mitteln gefördert, und zwar unter Wladimir Putin! Es gibt in Russland absolut coole open spaces. Und daneben: Kafka, Verrückte, die die Kunst verfluchen und jede freie Regung auslöschen wollen. Unser Gogol-Zentrum hat das beste Publikum der Welt. In unserem Stück nach Heiner Müllers „Hamletmaschine“ sehen unsere Zuschauer Themen wie Sexualität, Tod, Freiheit, das Recht des Künstlers. Die anderen aber sehen nur die Nackten.

Das verrückte Nebeneinander, dass Serebrennikow treffend schildert, ist in Moskau vielleicht besonders krass. Aber wir finden es auch in China, den USA Donald Trumps oder Europa. Das damit verbundene Lebensgefühl breitet sich aus.

Über Jan Bleckwedel

Psychologe und Autor
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